Geheimniskrämerei an der Kantonsratssitzung
Leserbrief vom 5. Juni 2012
Als alt-Kantonsrat nahm ich nach langen Jahren wieder einmal als Besucher an der letzten öffentlichen Kantonsratssitzung vom Mittwoch, 30. Mai 2012 teil, weil mich – wie viele andere Obwaldner und Obwaldnerinnen – die Diskussionen rund um das „rote Buch“ interessierten.
Sehr überrascht musste ich, wie die anderen Besucher und die Medienvertreter den Saal verlassen, als der Kantonsratspräsident einen Einzelantrag auf Diskussion unter Ausschluss der Öffentlichkeit verkündete. Mit grossem Unverständnis über einen solchen Antrag zu einem Thema von starkem öffentlichem Interesse verliess ich den Saal. Sogar der Name des Antragstellers wurde nicht genannt!
Bereits bis über das letzte Wochenende hinaus habe ich von verschiedenen Seiten mitbekommen, wer dieser ominöse Antragssteller war. Es war für mich sehr erstaunlich, dass ein Kantonsrat zu diesem Thema den Antrag auf geheime Verhandlungen stellte. Welche Gründe ihn dazu verleitet haben, bleiben mir jedoch schleierhaft, auch wenn dieser Kantonsrat nach Art. 12 des Kantonsratsgesetzes das Recht hatte, diesen Antrag zu stellen. Das ganze Ratsplenum hat dann aber meines Erachtens richtig entschieden und diese Diskussionen nicht unter Verschluss gestellt und wir wurden wieder in den Kantonsratssaal hineingelassen.
Ich finde es peinlich, sogar eher sehr peinlich, ausgerechnet zu einem Thema, das einen grossen Teil unserer Bevölkerung brennend interessiert, geheime Verhandlungen zu beantragen! Wenn ich mich an meine Zeit im Kantonsrat zurückerinnere, durfte man jederzeit und zu jedem Votum offen dazustehen.
Ruedi Dillier-Berwert, Sarnen