Bürgernähe und Wettbewerb dank Föderalismus
Kantönligeist, Flickenteppich, Gärtchendenken – die Abwertung des Föderalismus hat in Zeiten von Corona Hochkonjunktur. Meiner Meinung nach fällt dieses Urteil meistens etwas vorschnell. Wir täten gut daran, uns wieder mehr auf die Vorzüge des Föderalismus zu besinnen.
Wenn man hört, dass im Wintersportort A kein Skibetrieb stattfinden darf, im nur wenige Kilometer entfernten Wintersportort B jedoch schon, kann das irritieren. Denkt man aber etwas weiter, gelangt man schnell zum Schluss, dass solche Situationen überall dort auftreten, wo eine Grenze entlangläuft. Grenzen sind Linien, und entlang dieser gelten in kurzer Distanz immer unterschiedliche Gesetze. Die vermeintlich absurde Situation unterschiedlicher Vorschriften auf kleinem Raum liesse sich also nur durch den kompletten Wegfall von Grenzen beheben.
Für die einen mag es eine Zukunftsvision sein, dass nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa – oder noch lieber weltweit – dieselben, von einer Zentralregierung verhängten, Vorschriften gelten. Für mich ist diese Vorstellung ein Graus, denn sie verkörpert das Gegenteil des Erfolgsmodells Schweiz. Bei uns wird nach dem Subsidiaritätsprinzip alles auf der tiefst möglichen Hierarchiestufe gelöst. Die Politik bleibt damit bürgernah: Die Gemeinden wissen selber am besten, wo bei ihnen der Schuh drückt.
«Nur was die Gemeinde nicht alleine bewerkstelligen kann, ist Aufgabe des Kantons und des Bundes.»
Daraus entstehen natürlich verschiedene Regelungen. Zumal es bei uns auf kleinstem Raum auch unterschiedlichste Kulturen gibt. Darin liegt genau der Vorteil des Föderalismus. Es wird auf die lokalen Bedürfnisse Rücksicht genommen. Gleichzeitig entsteht Wettbewerb: Gesetze und Vorschriften müssen sich dem Vergleich stellen. Das ist wichtig, um unwirksame Vorschriften zu erkennen. Nur dank dem Föderalismus und den daraus resultierenden unterschiedlichen Vorgehensweisen, wissen wir, dass der Skibetrieb das Pandemiegeschehen kaum beeinflusst hat. Obwohl verschiedene Regelungen erlassen wurden, hat sich dies nicht auf die Lage in den einzelnen Kantonen ausgewirkt. Wären hingegen – wie von der EU forciert – in ganz Europa die Skigebiete geschlossen worden, dann wüssten wir bis heute nicht, wie unwirksam diese Massnahme ist.
«Gerade für einen kleinen Kanton wie Obwalden ist der Föderalismus zentral.»
Uns stellen sich oft nicht dieselben Herausforderungen wie den auf Bundesebene tonangebenden Kantonen.
Wir müssen deshalb die Kompetenzen möglichst bei uns behalten. Ich stelle erfreut fest, dass der Kanton Obwalden bereit ist, seine Souveränität zu verteidigen. Etwa, indem man dem Druck standhält, das für Obwalden ungeeignete doppelte Proporzwahlverfahren einzuführen. Oder, indem man an sinnvollen Regelungen wie der Öffnung der Restaurantterrassen in den Skigebieten festhält, wie im letzten Winter. Gerade dieses Beispiel zeigt, wie schnell man mit einer vernünftigen, eigenständigen Haltung unter Druck geraten kann.
Es braucht darum Politiker, die bereit sind, für die Souveränität Obwaldens gegenüber dem Bund einzustehen. Gleichzeitig trägt der Kanton auch die Verantwortung, den Gemeinden ihre Autonomie zu erhalten, statt Kompetenzen unnötig nach oben zu verlagern. Nur so bleiben uns die Vorzüge des Föderalismus erhalten.
Severin Wallimann, Präsident Junge SVP Obwalden